Brass, Hermann: Brief an Heinrich Friedjung. Hohenstadt, 1.12.1916
einer grossen Anzahl Zeitungen, die Beschlagnahme von Zeitschriften
und Büchern, die Entfernung der früheren Schulbücher aus den Schulen.-
Alles dies sind jedesfalls keine Massregeln, aus denenman urteilen kann,
dass diese zu Gunsten der Tschechen erfolgt sind und durch die bewiesen
werden kann, dass der leitende Staatsmann eine besondere Vorliebe für
die Tschechen hat ,--- Ich gebe nichts auf Reden und Behauptungen ,
Ich reihe mir die verschiedenen Tatsachen aneinander und bilde mir aus
diesen mein Urteil und wenn ich dies in Bezug auf den Grafen St.getan
habe , so kam ich eben zu einer günstigen Beurteilung desselben.- Ich
habe daraus nie ein Hehl gemacht und gegenüber all den verschiedenen An-
schuldigungen,die nun einmal bei allen in führender Stellung befindli-
chen Deutschen zum guten Ton gehören , den Grafen St. in Schutz genommen
und die mir-bekannten Tatsachen auch hervorgehoben.-
Ich kann nicht sagen , dass St.besonders zurückhaltend war.
Ich weiss es aus Erfahrung, dass er mir gegenüber seine Ansichten und
Absichten glatt und klar jeweilen mitgeteilt hat.- Er machte kein Hehl
daraus,was er machen wollte, er hat ebenso unumwunden erklärt,dass zu
der Ausführung dieser Sachen heute der Zeitpunkt noch nicht gekommen
sei und er es für taktisch und richtig halte die Fragen im gegenwärti-
gen Augenblicke nicht zu entscheiden .-
Galizien geht nicht , da wir nicht wissen , was Deutsch -
land in der polnischen Frage macht .- Die Gestaltung der Sonderstel-
lung hängt davon aber ab .-Die Sprachenfrage sollte erst ,nachdem auf
den Schlachtfeldern die endgiltige Entscheidung gefallen, herausgehen.-