Bauer, Leopold: Brief an Adalbert Franz Seligmann. Wien, 21.11.1916
das Wort in ganz ungewöhnlichem Maaße. Auch einen von Natur sprö-
den und für das Publikum vielleicht wenig anziehenden Stoff ver-
mag er interessant zu gestalten; seine Artikel sind immer im gu-
ten Sinne populär und lesenswert. Ich glaube daher, dass Feuille-
tons von FELDEGG über Architektur eine sehr wichtige Ergänzung
Ihrer eigenen Artikel über Malerei wären.
Und nun möchte ich Sie um Ihren Rat und Ihre Meinung
bitten: 1. halten auch Sie es für wünschenswert, dass FELDEGG
in der Neuen Freien Presse zu Worte kommt? /:Bisher schrieben
über architektonische Dinge Architekt J. Berger und Oberbaurat
von Wurm-Arnkreuz in der Presse; beide reichen auch nicht im ent-
ferntesten an Feldegg heran:/ 2. Wie wäre es möglich,Prof.v.
Feldegg in der Neuen Freien Presse einzuführen? Ich weiß in dem
journalistischen Getriebe zu wenig Bescheid, um eine solche An-
gelegenheit in die richtigen Wege zu leiten. Meist kenne ich
nur die Herausgeber der Zeitungen oder die Generaldirektoren der
Zeitungs-Aktiengesellschaften, die ich aber nicht gerne damit
behelligen möchte, ihnen einen vielleicht unerfüllbaren Wunsch
vorzutragen.
Ich traf heute mit Prof.von FELDEGG zusammen und frag-
te ihn bei dieser Gelegenheit um seine Meinung über meinen Plan.
Er wäre ganz damit einverstanden, für die Neue Freie Presse zu
schreiben, doch müßte er erst seine Verpflichtungen gegenüber
dem "Fremdenblatt" in anständiger Form lösen.
Sie werden fragen, warum ich mich mit derartigen Ange-
legenheiten überhaupt befasse. Ich spüre aber immer mehr, dass
ich Bundesgenossen brauche, die mich bei meiner Arbeit, Vernünf-
tiges und Gutes für die nächsten Architektengenerationen zu