Bekker, Paul: Brief an Ernst Krenek. Wiesbaden, 15.9.1929
Der Indendant
des
Staatstheaters.
Wiesbaden, den 15. September 1929.
Lieber Krenek,
Das Dir zu Ohren gekommene Gerücht beruht vermutlich auf
einer Unterhaltung zwischen Frau R. und mir. Wir trafen uns vor eini-
ger Zeit in Berlin und Frau R. schwärmte mir derartig von Deiner
neuen Oper vor, daß ich mich schließlich nicht enthalten konnte zu
bemerken, daß mir bis jetzt im Gegensatz zu Anderen keine Gelegen -
heit gegeben worden sei, einen eigenen Eindruck zu gewinnen und daß
ich im übrigen Dein Verhalten in dieser ganzen Angelegenheit als
unseren bisherigen Beziehungen widersprechend ansehen müßte. Es war
natürlich überflüssig von mir das einem harmlosen Dritten gegenüber
zu bemerken. Ich bedaure das und hätte es sicher nicht getan, wenn
mich Frau R. nicht durch die Art ihrer Lobpreisungen, denen ich gar
nicht entrinnen konnte, im Augenblick gereizt und aus meiner Reserve
herausgebracht hätte.
Wenn ich mir nun Deinen Brief vom 25. August durchlese, so
frage ich mich, ob es einen Zweck hat darauf zu antworten. Was zu
sagen wäre weißt Du ja selbst ganz genau, sofern Du es wissen willst,
also brauche ich es nicht erst auszusprechen. Immerhin könnte mein
Schweigen als Zustimmung wirken zu der Art, wie Du um den entschei -
denden Punkt herumlavierst, Du könntest mir also später einmal den
Vorwurf machen, daß ich Dir meine Ansicht über die Angelegenheit nie-
mals klar ausgesprochen habe. Deswegen möchte ich es hiermit lieber
in aller Offenheit tun, selbst auf die Gefahr hin mißverstanden zu
werden.
Ich habe mich niemals beklagt, daß Du mir die Oper
nicht