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nicht vorgespielt hast, denn dazu bot sich keine Gelegenheit, wenn
schon Du auch nicht den mindesten Versuch gemacht hast, eine solche
Gelegenheit herbeizuführen.Ich erwähnte dieses Vorspielen nur des -
halb, weil Wolffheim mir erzählte, Du hättest einige Teile der neuen
Oper bei Schnabel vorgespielt und weil ich dadurch zum ersten Male
erfuhr, daß die Oper fertig ist. Diese zufällige Übermittlung der
Nachricht durch einen Dritten, nicht die Tatsache des Vorspielens ,
hat mich peinlich berührt angesichts des Umstandes, daß ich von Dir
selbst noch nicht das mindeste gehört hatte.
Daß Du überhaupt wieder an einer Oper arbeitest hat mir
1/2 Jahr vorher Heintzheimer berichtet. Ich habe darauf absichtlich
nicht reagiert, weil ich Dir gut genug kenne, um zu wissen, daß Du
nicht gern über Arbeiten sprichst resp. verhandelst, die noch im Ent-
stehen sind. Das respektiere ich durchaus, ich mache es bei mir selbst
genau so und in diesem Punkte erkenne ich die Ausführungen Deines
letzten Briefes vorbehaltlos an.
Wenn man aber nun einen Freund hat, von dem man weiß, daß
er gerade in dieser Beziehung die persönlichen Eigenheiten achtet
und sich weder durch Neugier noch etwa durch Geschäftsinteresse dazu
bringen lässt, diese persönliche Zurückhaltung, die der Autor wünscht,
zu verletzen, so muß man in dem Augenblick, wo sie nicht mehr erforder-
lich ist selbst das Schweigen bricht. Ich habe deswegen auf Heintz -
heimers Mitteilung gar nicht reagiert, weil ich mir sagte Krenek hat
das nicht gern, wenn er soweit ist wird er sich schon von selbst be -
merkbar machen und mir dann Gelegenheit geben, meine Teilnahme, über
die ja ein Zweifel gar nicht möglich sein konnte, zur Erkennung zu
bringen.
Hier
Bekker, Paul: Brief an Ernst Krenek. Wiesbaden, 15.9.1929