Feith, Gustav: Brief an Arthur Roessler. Wien, 9.9.1934
nicht einmal 70 Groschen Tramwaygeld habe, um draußen im
nächsten Wienerwald gute Luft und die Möglichkeit zu einer
Naturstudie als Heimatkünstler zu finden? Und es ist doch
so - leider Gott - bittere Wahrheit; Seit vielen, vielen
Jahren trage ich die geschenkten, abgelegten Kleider weniger,
hochherziger Menschen.
So sieht in Wirklichkeit ein Heimatkünstler, ein be=
kannter Maler der heimatlichen Scholle aus, in seinem 60.
Lebensjahre, der es verdient hätte, daß er als Blumenmaler
Schulbücher illustriert oder als Schriftkünstler beschäftigt wird.
Ehedem ging jede Karte des deutschen Schulvereins durch meine
Hand.
Ab und zu muß ich gespendete Schätze eines lieben Kollegen
bereits ins Dorotheum tragen, für 200 Sch. Werte kaum
40 Schlg. kriegend, - mein Einziges - das meine Lebensfreude
war.
Es wird so unsagbar traurig um uns Künstler.
Wie kein Andrer lieben wir unsere Heimat und Scholle.
Wir geben zur Verneigung all' die Schätze Gottes schöner Natur
wieder, legen sie in die Lade und müssen bittre Not leiden,
wir verkaufen selten und da als Bettler bittend!
Ich verweise noch auf das Septemberheft 1933 des
"Getreuen Eckart" und mancher Publikationen.
Wäre es, hochgeehrter Herr Referent, möglich, daß Sie
mir in Ihrem geschätzten Blatte einige Zeilen widmen, die
Öffentlichkeit aufmerksam machten? Ich wäre äußerst dank=
bar verbunden; zahlen kann ich nichts dafür, aber herzlich
gern könnten sich Herr Referent was aussuchen von meinen
Aquarellen. Vielleicht bietet sich doch ein Lichtblick!
Einigemale unterstützte mich der Wirtschaftsverband bild. Künstler
Österreichs, früher Gemeinde Wien; seit 2 Jahren habe ich fast nichts!
Ich bitte sehr um Ihre hochherzige Anteilnahme, eventuell
um frd, Besuch nach vorheriger Anmeldung!
Mit dem Ausdruck größter Wertschätzung und Hoch-
achtung zeichne ich
Gust. Feith
13. Sechshauserstraße 122 III/34.
(bei Schönbrunn)