Faistauer, Anton: Brief an Arthur Roessler. Sankt Martin <Lofer>, 30.6.1914
Wir wohnen recht gut in zwei 4fenstrigen Bauernzimmer mit
großem Anger vor dem Hause. 4-5 Höfe sind im Umkreis
dahinter liegt der Wald. Die Dorfbewohner sind, glaube ich,
angenehm. Überdies aber kann ich mich bei der Arbeit gut
verstecken. Unser Knabe gedeiht ganz prächtig u. ist ganz
von der Sonne verbrannt. Wir hätten so ganz den
Frieden zur Arbeit. Wenn da nichts wird ists ja eine
arge Strafe. Daß der Thronfolger ermordet wurde be-
schäftigte mich stark. Es ist ein arges Ding um die Politik.
Die Welt ist im allgemeinen sehr hart u schwierig u.
immer sind diese Tatsachen so verblüffend. Vor dem gar zu
einfachen sind wir immer perplex wenn es auch als
Ereignis nicht wichtiger ist als das allgemeine Leben u.
Sterben.
In Köln haben Sie wahrscheinlich mein Bild nicht mehr in
der Ausstellung gefunden. Der Öst. Werkbund schrieb mir,
daß es zurückgezogen werden mußte aus Rücksicht
für den Erzbischof u das Centrum. Das ist
nun für mich u das Bild ganz gleichgültig weniger aber
für den Erzbischof u. das Centrum. Es ist schade um
so viel Dumheit. Für Ihre Karten danke ich Ihnen
Ich freue mich sehr über die schonen Bilder u. bitte Sie
mir aus London einige zu schicken. Ich grüße Sie
indeß herzlich u wünsche Ihnen schöne Tage u. recht
viel Lust an der Kunst Von meiner Frau u
Kind an Ihre Frau sowohl wie von mir herzlichste
Grüße Ihr
Anton Faistauer
St Martin bei Lofer