Franzos, Ottilie: Brief an Julius Pée. Wien, 9.12.1921
Mädchen und ich habe meine "Perle", seit
17 Jahren. Im Juli hat sie geheiratet, hat
aber weiter ihren Dienst gegen mein
früheres Schlafzimmer und die Kosten
ihrer - nicht ihres Mannes - Verpflegung,
von der ich aber nur eine Hälfte bezahle.
Die andere Hälfte bezahlt meine Schwe-
ster, die - auch aus ökonomischen Grün-
den - seit April 1920 bei mir wohnt.
Liebe Frau Professor, ich bin wirklich
in keiner Notlage! Daß ich mir Vie=
les nicht gestatte, was früher alles
eher als Luxus war, versteht sich von
selbst. Bitte, nicht umzurechnen, von mir
und Tausenden ist das Kronenein=
kommen eben Kroneneinkommen
geblieben. Ich habe auch aus unserer Berliner Zeit
dort noch Mark. Seit gestern kostet eine Fahrt auf
der elektrischen Straßenbahn 30 Kronen - also
Verkehr mit Menschen, die nicht zu Fuß erreich-
bar sind, nur höchstens bei ganz besonderen
Anlässen. Ein Laib Brot 74 Kronen, soll auf
500 Kronen steigen, 1 Kilo Salz 23 Kronen,
1 Kilo Kohle 60 Kronen. Unsere Krone stand
vor dem Krieg gewöhnlich 1-2 Heller