Friedländer, Alice: Brief an Elise Richter. Berlin-Eichkamp, 28.2.1929
Eichkamp, 28. Febr. 1929
Liebes Elisel,
Tausend herzliche Wünsche sende ich Dir zum
Geburtstag - leider vom Bett aus! Der Winter
nimmt kein Ende und Max und ich haben
uns wieder frisch erkältet. Ich pfeife bis in
die tiefen Bronchien, bei Max sitzt´s im
Kehlkopf und er musste gestern und heute die
Schlussvorlesungen absagen.-
Hoffentlich geht es Euch besser, es scheint
in Wien etwas milder zu sein als hier.
Liest Du noch? Das letzte Jahr war doch
wieder eine Etappe für Dich, da Du als
Prüfer fungirt hast. Möge es nun auch
in realer Beziehung vorwärts gehen, nicht
nur in ideeller. Vor Allem sollst Du körperlich
nicht behindert sein, wie im letzten Jahr.-
Wegen Franz habe ich viel Sorge. In Pots-
dam ist eine schauderhafte Wirtschaft, der
Intendant durch Weibergeschichten ganz ver-
sumpft und letargisch. Franz erlebt eine Ent-
täuschung nach der andern, u. verliert die Zeit.
Es werden lauter Stücke mit wenig Rollen ge-