Goering, Gerd Hans: Brief an Ernst Krenek. o.O., 13.6.1931
anstellen könnte. Aber es scheitert an einer inneren Un-
vereinbarkeit. Auch nicht an der angeblichen Unverständ-
lichkeit und Sophistik meines Stils. Ich gebe zu, ich bin
ein wenig verliebt in die „Kunst der Sprache” und bilde mir
sogar ein , etwas davon zu verstehen; ich habe auch im
„Tanzvergnügen” dieser Verliebtheit hin und wieder nach-
gegeben eben als mein ,Tanzvergnügen'. Aber niemals habe
ich dergleichen geübt, um den Mangel an Gedanken zu
verbergen, oder um das, was ich nicht zu sagen habe, auf
recht komplizierte Weise zu sagen. Allerdings fehlt mir,
was den Gedanken anlangt, jede Behaglichkeit. Und das
trifft schon näher auf die eigentliche Unvereinbarkeit. Denn
was ich zu sagen hatte, sind noch niemals behagliche Dinge
gewesen. Die Zeitung beabsichtigt aber, ihre Leser im literarischen
Teil auf eine angenehme Weise anzuregen, wie ich in einem
Prospekt lese, und das ist ein Programm, in das ich nicht
einzufügen bin. Die „Situation” gibt darüber hinreichend,
denk' ich, und verbindlich Auskunft. Der völlige Mangel
an Publicum ist gewiss beklagenswert und schriftstellerisch
alles andere als befruchtend. Denn Dich selbst verstehst Du
im wesentlichen ohne den Umweg über die objective Form,
und ihr Gebrauch reduziert sich auf die Ausübung einer Art
Kontrolle. Dazu habe ich glücklicher Weise Dich als praesumpti-
ven Leser.
Du hast Dich so freundlich dafür verwendet mich für
die FZ. produktiv zu machen, dass ich schon eine „Er-
klärung” schuldig war.
Hoffentlich erreicht Dich die Sendung überhaupt noch