Gregori, Ferdinand: Brief an Franz Karl Ginzkey. Berlin, 22.10.1922
Lieber verehrter Freund, es ist sehr, sehr schön, daß Sie sich zu einem Briefe aufgemacht
haben und Sie sehen, ich danke Ihnen nicht allzu lange danach. Gleichzeitig Ihrer lieben
Frau für die Vorpost und Ihnen dann noch für die „Eva” in der vornehmen Gestalt.
(den 1. Druck habe ich ja auch)
Man müßte wieder einmal abends die Mur entlang gehen wie 1913 u. 1914, um
einiges loszuwerden, was sich mehr u. mehr in der Seele verhärtet. Was ist seit
meinem letzten Wiener Besuche (1916) über die Welt gegangen und also auch über
Sie u. mich! Nur äußere Daten kann man aufzählen. Ich habe bei Reinhardt viel
Schönes gespielt u. inszeniert und - bin doch nicht mehr fest engagiert. Sein
Nachfolger Hollaender ist weder Künstler noch Mensch genug, um mich zu fesseln,
u. so vagabundiere ich seit 1 Jahre. Ich halte viele, viele Vorträge und habe auch
Ihre Verse wohl in 30, 40 Städten zu Gehör gebracht. Freilich, Ihren Namen
schreiben die Liter. Vereine immer irgendwie falsch, das Z ist meist ein S.
Aber deshalb dürfen Sie es trotzdem wagen hier vorzutreten. Ich wundre mich
fort u fort, daß es noch so viele Menschen gibt, die meiner Art gewogen