Kolig, Anton: Brief an Egon Schiele. Nötsch im Gailtale, 21.8.1918
Nötsch, am 21. August 1918
Lieber Schiele, - Ihr lieber Brief
enthebt mich der schwierigen Einleitung.
Ich freue mich darüber, daß Sie ausstellen
wollen. Sie bekommen mit Wiegele
und mir einen Saal. Vielleicht können
Sie sechs größere Bilder aufbringen - wenn
ich raten darf - Ihre schönen Landschaften
und Portraits vorläufig nicht sehr nacktes,
da mir sehr daran liegt, daß wir in dieser
Ausstellung in jeder Beziehung gut abschneiden - es
gilt einen
verhältnismäßig wenig verdorbenen Boden
für uns urbar zu machen. Es gibt hier Leute
von großem Einfluß und auch Mitteln, die
den Mut haben, sich für Modernes zu interessieren
und es zu protegieren, wie Sie ja aus meiner
Auftragsgeschichte ersehen.
Ihre anderen Nachrichten interessieren
mich lebhaft. Der Beitritt zum Hagenbunde
als Gruppe findet meine Billigung. Der Anbruch
ist mittelbar durch Isepp an mich herangetreten,
doch habe ich, konnte ich auch bisher kein Interesse
daran nehmen, da ich jetzt zwiefach gebunden
bin - einmal durch meinen Vertrag mit Moll
- zweitens durch meinen Auftrag, der mich noch
gut 1½ Jahre beschäftigen dürfte.