Kolig, Anton: Brief an Egon Schiele. Nötsch im Gailtale, 21.8.1918
Über die Wiesbadener Ausstellung kann ich
mich noch nicht äußern. Es hängt vom Termin
ab, ob und mit was ich mittun kann. Ich
habe aber sehr wenig - denn die vier großen Tafeln,
die ich noch unfertig im Atelier habe, werden wohl
kaum verfügbar, da sie zu dem Auftrag gehören
- ich würde nur sehr ungern Teile des Ganze veröffent=
lichen - und was wohl die größte Schwierigkeit
darstellt - wäre erst die Einwilligung des Auf=
tragsgebers einzuholen.
Ich habe Freude an meiner Arbeit und glaube
viel stärker zu sein als bisher. Ich leide nur sehr unter
der völligen Abgeschlossenheit-
Um Wiegeles Mittun werde ich mich nach
Möglichkeit bemühen. Es dürfte aber auch schwierig
sein. Erstens hat er soviel ich weiß im Herbst-Winter
eine Ausstellung in Wintertur, dann hat sich Cassierer
für ihn interessiert und will ihn in Berlin zeigen -
und dann das lästige Ausfuhrverbot.
Ich schreibe an ihn und an Moll sofort, sobald
ich Genaueres über den Termin und die Bedingun=
gen weiß.
Eine Freundin aus Prag hat mir die erstaunliche
Mitteilung gemacht, daß sie dort Zeichnungen (ohne mein
Wissen und meine Zustimmung ausgestellt) von mir gesehen
hat. Ich habe auch keine Ahnung, was Sie für Zeichnungen
erworben haben? Etwa von Faistauer?
Ihr Anerbieten, ein Bild von mir zu erwerben -
ehrt mich sehr. Aber wir wollen warten, bis ich welche
auch mich befriedigende habe. Vielleicht sehen Sie schon
etwas in unserer nächsten Hagenbundausstellung.
Herzliche Grüße Ihr
Anton Kolig