Hammerstein, Hans von: Brief an Ernst Lissauer. Braunau am Inn, 12.12.1932
Braunau a. Inn,
12. Dez. 32
Sehr verehrter Herr Lissauer!
Erst gestern Abend erfuhr ich durch die „Münchener
N.N.”, dass Sie am 10. d.M. Ihren 50. Geburts-
tag feierten. Erlauben Sie, dass auch ich mich
der Gemeinde Ihrer Leser und Verehrer mit
den herzlichsten Glück- und Segenswünschen
anschließe. Möge Ihnen die Gnade von oben,
ohne die wir nichts vermögen, noch lange Schaffens-
lust und -kraft verleihen.
Wie schwer wird es in dieser Zeit, Mut zu behalten!
Ich wenigstens bin nahe daran, ihn zu verlieren.
Von der Politik wendet sich „der Gast mit Grausen”,
und da ohne sie nichts mehr zu gehen scheint, lässt
man schließlich am besten alles gehen, wie es mag.
Ich komme eben von zwei Vortragsabenden unserer
Innviertler-Gilde. Die Säle waren zu 2/3 leer.
Und in der Kritik der provinzialen Blättchen, die
uns sonst, einerlei welcher Richtung, wohl wollte,
wird plötzlich die Politik fühlbar.
Noch einmal sage ich Ihnen auch herzlichst Dank
für die sehr freundliche und für mich wertvolle
und lehrreiche Besprechung meiner Gedichte u. der
„Literatur”. Ich bin sonst von amtlichen Dingen