mit meinen naheliegenden Schlußfolge=
rungen zu ganz vagen, auch sonderba=
ren Vermutungen. ZB. Ihr Brief war
in Wien am 20. fertig; aufgegeben am
25.ten, Tag der Abreise; von Ihnen selbst? damit
es niemand weiß? kompromittierend?
Die erste Frage ergibt sich fast zwingend aus
dem Vorausgehenden; die 2. u. 3. naheliegend
aus der 1., aber sie scheinen mir absurd. Ja,
aber was sonst? Auf eine ähnliche Frage
hier konnte ich keine klare Antwort erhal=
ten. Wenn Tom auf Fragen keine Antwort
bekommt, hat er natürlich das Gefühl, daß
er zu indiskret gewesen, in der Intimi=
tät zu weit gegangen, daß sincerity u . inti=
macy nicht dasselbe sind: dann wird in Tom
der Wunsch rege: „Ach, eine Schnecke zu sein!
die hat's gut.” - In solcher Stimmung wird Tom
noch trüber, wenn er sich mit seiner Freun=
din vergleicht u. nicht daran glauben kann,
daß er ihr mit solchen Offenbarungen die
geringste Freude bereitet. Wenn er selbst
mit sich gar nicht zufrieden sein kann, was kann
er da ihr sein? Ist es ihr wirklich ernst
mit meinen „Schätzen” u. „Offenbarungen” u.
mit der „Himmelsgabe” meiner Freundschaft?
Oder sind es nur gütige Worte von ihr, die
nicht anders sein kann, als engelsgut u.
sanft? - So tief kann mitunter Tom sinken,
durch sein Zweifeln an oder für sich selbst.
Und da kommt, wie heute, ein Brief! Mit ei=
em Schlage, beim bloßen Anblick der ihm so
teueren Schriftzüge auf dem Umschlag, schnellt er
aus der finstersten Nacht der Zweifel hinaus in
Freude u. Sonnenschein, sieht u. fühlt nichts als
die Sonne u. sich selbst, u. da wird ihm klar, was
er eigentlich ist: ein Planet dieser Sonne,
um die er jubelnd kreist, die ihn anzieht,
u. in einer bestimmten Distanz - ach wie groß! -
festhält. Von ihr hat er seine Wärme, von ihr
allein sein Licht. Was ihr sein Licht dünkt, ist
nur ihr eigenes Licht, das von ihm wiederstrahlt.
Kein Wunder, wenn sie „reiche Gaben” u. „Schätze”
darin sieht. - In treuer, dankbarer Freundschaft u. Verehrung
Ihr AHaus.
[Seitlich links:]
Tom hat bei diesem Schreiben oft fürchterlich gebrummt, sieht sich darin in allen
Zuständen geschildert.- Innigen Dank für den lieben Brief, den ich nächstens beantworten
werde, u. den freundlichen Glückwunsch.
rungen zu ganz vagen, auch sonderba=
ren Vermutungen. ZB. Ihr Brief war
in Wien am 20. fertig; aufgegeben am
25.ten, Tag der Abreise; von Ihnen selbst? damit
es niemand weiß? kompromittierend?
Die erste Frage ergibt sich fast zwingend aus
dem Vorausgehenden; die 2. u. 3. naheliegend
aus der 1., aber sie scheinen mir absurd. Ja,
aber was sonst? Auf eine ähnliche Frage
hier konnte ich keine klare Antwort erhal=
ten. Wenn Tom auf Fragen keine Antwort
bekommt, hat er natürlich das Gefühl, daß
er zu indiskret gewesen, in der Intimi=
tät zu weit gegangen, daß sincerity u . inti=
macy nicht dasselbe sind: dann wird in Tom
der Wunsch rege: „Ach, eine Schnecke zu sein!
die hat's gut.” - In solcher Stimmung wird Tom
noch trüber, wenn er sich mit seiner Freun=
din vergleicht u. nicht daran glauben kann,
daß er ihr mit solchen Offenbarungen die
geringste Freude bereitet. Wenn er selbst
mit sich gar nicht zufrieden sein kann, was kann
er da ihr sein? Ist es ihr wirklich ernst
mit meinen „Schätzen” u. „Offenbarungen” u.
mit der „Himmelsgabe” meiner Freundschaft?
Oder sind es nur gütige Worte von ihr, die
nicht anders sein kann, als engelsgut u.
sanft? - So tief kann mitunter Tom sinken,
durch sein Zweifeln an oder für sich selbst.
Und da kommt, wie heute, ein Brief! Mit ei=
em Schlage, beim bloßen Anblick der ihm so
teueren Schriftzüge auf dem Umschlag, schnellt er
aus der finstersten Nacht der Zweifel hinaus in
Freude u. Sonnenschein, sieht u. fühlt nichts als
die Sonne u. sich selbst, u. da wird ihm klar, was
er eigentlich ist: ein Planet dieser Sonne,
um die er jubelnd kreist, die ihn anzieht,
u. in einer bestimmten Distanz - ach wie groß! -
festhält. Von ihr hat er seine Wärme, von ihr
allein sein Licht. Was ihr sein Licht dünkt, ist
nur ihr eigenes Licht, das von ihm wiederstrahlt.
Kein Wunder, wenn sie „reiche Gaben” u. „Schätze”
darin sieht. - In treuer, dankbarer Freundschaft u. Verehrung
Ihr AHaus.
[Seitlich links:]
Tom hat bei diesem Schreiben oft fürchterlich gebrummt, sieht sich darin in allen
Zuständen geschildert.- Innigen Dank für den lieben Brief, den ich nächstens beantworten
werde, u. den freundlichen Glückwunsch.