Haus, Anton von: Brief an Lucia von Fries-Skene. Pola, 12.9.1916
an der Quelle, erkennen uns als Ver=
wandte u. haben einander gar viel
zu sagen; denn aus weit auseinan-
der liegenden Ländern kamen wir
her; verschieden u. mannigfaltig
ist, was wir gesehen, erlebt u. gelernt.
Was aus Geist u. Mund des Einen kommt,
ist Offenbarung für den Anderen
oder wie Wiederhall aus dessen
Seele, der den Durst nach Mitteilung
nur steigert. Nebeneinander wan=
delnd plaudern, nebeneinander bei der
sprudelnden Quelle sitzend teilen
wir vertraut u. freudig alles,
was wir im Rucksack u. in der See=
le haben, wünschend, daß es so un=
versiegbar wäre, wie die liebe fri=
sche Quelle. Herrlich ist der Ausblick
in die weite Welt tief unten von
der stillen, sonnigen Bergeinsam=
keit, in der wir uns gefunden.
Wie weitet sich die Brust! Wie schwelgt
die Seele! Ja, ja, ja, Leben! Halte
still, Sonne! Verweile, Tag! Laß' uns
noch eine Weile! Wanderer sind wir
u. unsicher, wann wir uns wieder tref=
fen. Ach, Ihr Weg führt aufwärts,
meiner nach unten. -
Wenn Sie so fühlen wie ich, können Sie
da auf einer anderen Stufe stehen wollen
als auf der gleichen? Könnten Sie mir vielleicht
einen andern Titel geben als „Exzellenz“?
In treuer Freundschaft u. Verehrung
A. Haus