Jaray, Karl: Brief an Oskar Samek. Wien, 30.6.1928
und sind mir eine mehrmals versprochene Entscheidung schuldig
geblieben. Ich glaube aber, dass ich diesmal, wo Sie eine
von mir offensichtlich in bester Absicht begonnene Aktion
unterbrochen haben, erwarten darf, dass Sie mir ihre Gründe
dafür bekanntgeben werden.
Ich kann nämlich nicht glauben, dass der oben erwähnte
Grund der einzige oder auch nur der wichtigste gewesen sein
kann und ich teile auch Ihre Ansicht darüber durchaus nicht.
Ich bin vielmehr der Meinung, dass sich viele hundert,
vielleicht 1000 Unterschriften finden würden. Und wenn es nicht
der Fall sein sollte, so bliebe uns ja immer noch das zu tun
übrig, was Sie jetzt getan haben, nämlich die Adresse zurück-
zuziehen und sie Herrn Karl Kraus nicht zu übergeben.
Die Arbeiterzeitung hat unter Angabe von Gründen, die
gewiss nicht die wahren sind, den Abdruck eines Aufrufs zur
Unterzeichnung abgelehnt. Ich habe mich aber an den " Oester-
reichischen Volkswirt " gewandt und hoffe, dass durch diesen
wenigstens bürgerliche Kreise aufmerksam gemacht werden.
Natürlich habe ich heute infolge Ihrer Verfügung bei Lányi
den Volkswirt gebeten, mit der Veröffentlichung einige Tage
zuzuwarten.
Ich ersuche Sie nun, geehrter Herr Doktor, mir eine,
wenn auch noch so kurze Nachricht zukommen zu lassen.
( meine Adresse lautet vom 1. bis 7. k. M. Spital am Pyhrn Ob.-Oest
vom 8. an ist es wieder die oben gedruckte.) Es ist selbstver-
ständlich dass ich, wenn Sie mir bisher unbekannte triftige