Jaray, Karl: Brief an Karl Kraus. Spital, 30.8.1934
Spital am Pyhrn, 30. August 1934
Hochverehrter Herr Kraus!
Ich habe eine kleine Erleichterung im
Befinden meiner Mutter benützt, für zwei Tage
hieher zu fahren, um einige schwer aufschiebbare
hiesige Pflichten zu erfüllen. Ich werde in
den ersten Tagen der kommenden Woche in Wien
die nötigen Unterschriften für das Schreiben an
Min. Č. sammeln und es absenden. Ich danke
Ihnen, der Sie selbst nie Bedenken getragen haben,
sich zu exponieren und ohne Zweifel oft jede
Art von "Schaden" in den Kauf genommen haben,
wenn es der Allgemeinheit zu nützen galt, herzlich
dafür, daß Sie sich meinetwegen Gedanken in
dieser Richtung gemacht haben. Ich glaube aber
sagen zu dürfen, daß es in der Linie meines Wesens
liegt, eine solche Zukunft an erster Stelle zu
unterfertigen, denn ich habe mich - in den
bescheidenen Grenzen meines Wirkens - nie
gescheut, für mein Denken einzustehen. Ich bin
nur darüber beschämt, daß mir nicht selbst
eine Möglichkeit eingefallen ist, Ihnen bei Ihrem
edlen Tun ein wenig beizustehen. Mich wie