Bartsch, Rudolf Hans: Brief an Wilhelm Kienzl. Sankt Peter, 23.3.1932
„Memo propheta” beschieden ist . In solchem Gefühl drücke ich Ihnen von Her=
zen die Hand als Genosse Ihrer Leiden und Freuden und danke innig für das
liebe Gedenken !
Ach,verehrter Freund ! Vor mehr als einem Jahre kam ich mit meinem er=
krankten Töchterchen zum letztenmale in Ihr liebes Haus und zu Ihrem Geburts=
tage , und,hätte ich nicht die Natur, es wäre mir seither auch nicht eine ein=
zige Freude mehr beschieden worden bis jetzt , da meine Kinder endlich genesen
zu sein scheinen ! Sie dürfen vor Herbst nicht in die Großstadt und dort wird
es lange kein Wiedersehen geben ; ich aber möchte heuer gar zu gerne ein paar
Tage von meinem See nach Aussee hinüber und hoffe dann , Ihrer lieben Frau
und Ihnen endlich wieder einmal meinen Besuch zu machen .
Beppo Marx traf ich vorgestern .Ich sagte ihm :„Du,Beppo,Ehrenbürger sein
ist eigentlich eine Alterserscheinung ?” Da antwortete er :„Andere Männer werden
alt,aber niemals anständig.Wit zwei bleiben jung und unanständig”.Der echte
Beppo ! Morgen trinken wir im Krebsenkeller ein Glas auf Ihr Wohl! In Treue
Ihr anhänglicher alter Verehrer
Rudolf Hans Bartsch