Kienzl, Hermann: Brief an Helene Kienzl. Wilmersdorf bei Berlin, 22.3.1917
Timidität verdunkelte Pflichtbewußt=
sein stärkst. Du hast, wenn Du auch
selbstverständlich nur an ihn und
sein Wohl denkst, ein sicheres Recht,
von seiner Liebe die Beweise zu
fordern, die kein Mann der Frau,
die er liebt u. achtet, weigert
- u. solltest sie fordern, um ihn
zu retten. Von einer Übersiedlung
mit der Kanaille verspreche
ich mir nichts Gutes. Ohne sie
muß er kommen! - Ich hielte
es doch für zweckmäßig, daß
Du meine Briefe ihm nach Gr.
schickst. Er wird wahrscheinlich
zuerst mir bitter grollen -
hoffentlich aber dann einsehen,
daß ich für ihn meine schwache
Kraft einsetze, wenn ich auf diese
Weise gegen ihn, seine Schwäche,
seinen Fluch arbeite. - Ob ich
nach Wien kommen kann, ist ungewiß.
Eine Aussprache in Liezen wäre, gerade
auch dessen wegen, was Du über
Otto Mezler schreibst, zweckmäßig.
Jedenfalls schreibe oder telegrafiere ich
Dir, wenn ich anfangs April unter=
wegs bin. In brüderlicher Gesinnung
Hermann.