Kienzl, Hermann: Brief an Wilhelm Kienzl. Berlin, 26.5.1926
3.
des Knochenbaus. Neue Knochen kann man einem
Menschen ebenso wenig einsetzen, wie ein
neues Herz! Du siehst also, daß meine
Krankheit unheilbar ist und daß ich die
Schmerzen ertragen muß, so lange ich
dieses elende Leben ertragen will - .
Zudem ist eine komplizierte, d. h. doppelte
Arterien=Erkrankung festgestellt: in
der Oberwade, unterm Knie, Verengung
der Blutzufuhrwege - daher die Krämpfe
beim Gehen - und am Fuß eine noch
bösartigere Trombose, d.h. Verengung
der Venen und der Blutabfuhrwege.
Die Trombose hat zur Folge, daß der
kranke, immerzu schmerzende Fuß
nach je ein paar Tagen sich hoch mit Wasser
füllt - ganz wie bei Papa in den letzten
Monaten.
So also schau ich aus! Du kannst
Dir denken, daß ich in der Einsamkeit
meiner Zelle Stunden der Verzweiflung habe.
Sie wenden hier fürsorglich an, was es nur
giebt. Täglich liege ich eine halbe Stunde
in der Diathermie (Erhitzung der Arterien
durch elektrischen Strom), außerdem