Berlin=Wilmersdf Berlinerstr 10.
23. Okt. 1924.
Lieber Gulian! Es ist an der Zeit, daß wir uns wieder
ein Lebenszeichen geben; und da Du es nicht tust - - -
Ich höre seit langem keinen Laut von Euch oder über
Euch. Irgendein Wiener Blatt bekomme ich selten
zur Hand, und so hab ich an Deinem Dasein nicht
einmal einen öffentlichen Anteil. Nur drei
Tatsachen allgemeiner Natur konnte ich mit Dir
in Zusammenhang bringen. Ungefähr hörte ich, daß
es in Wien eine Musikausstellung oder dgl. mit
Vorführung der heimischen Komponisten gab; sicher
bist Du bei diesem Anlaß zu Ehren gekommen.
Ferner gieng durch die Zeitungen die Nachricht, daß
Stiedry, der Direktor der Wiener Volksoper, seinen
Posten der desolaten Verhältnisse des Instituts wegen
verlassen wolle; das macht mich des „Hassan”
wegen besorgt. Schließlich ließ mich der, im Allgemeinen
luftreinigende, Sturz des Groß=Gauners Castiglioni
mit einer gewissen Bangigkeit an Dich und Henny
denken. Hoffentlich hat Henny ihre Papiere recht=
zeitig Castiglionis Vermögensverwaltung entzogen!
Ja, ich hab's immer wieder gut, weil ich nichts
zu verlieren habe - höchstens das Leben, und
das ist, nach dem braven Schiller, der Güter
höchstes nicht. Aber ganz stimmt's doch auch nicht
mit dem Gefeit=sein; Enttäuschungen, wie ich z. B.
am hintertückischen Verhalten Exls und der Erdrosselung
von Stück und Erfolg erlebte, sind nicht von Pappe.
23. Okt. 1924.
Lieber Gulian! Es ist an der Zeit, daß wir uns wieder
ein Lebenszeichen geben; und da Du es nicht tust - - -
Ich höre seit langem keinen Laut von Euch oder über
Euch. Irgendein Wiener Blatt bekomme ich selten
zur Hand, und so hab ich an Deinem Dasein nicht
einmal einen öffentlichen Anteil. Nur drei
Tatsachen allgemeiner Natur konnte ich mit Dir
in Zusammenhang bringen. Ungefähr hörte ich, daß
es in Wien eine Musikausstellung oder dgl. mit
Vorführung der heimischen Komponisten gab; sicher
bist Du bei diesem Anlaß zu Ehren gekommen.
Ferner gieng durch die Zeitungen die Nachricht, daß
Stiedry, der Direktor der Wiener Volksoper, seinen
Posten der desolaten Verhältnisse des Instituts wegen
verlassen wolle; das macht mich des „Hassan”
wegen besorgt. Schließlich ließ mich der, im Allgemeinen
luftreinigende, Sturz des Groß=Gauners Castiglioni
mit einer gewissen Bangigkeit an Dich und Henny
denken. Hoffentlich hat Henny ihre Papiere recht=
zeitig Castiglionis Vermögensverwaltung entzogen!
Ja, ich hab's immer wieder gut, weil ich nichts
zu verlieren habe - höchstens das Leben, und
das ist, nach dem braven Schiller, der Güter
höchstes nicht. Aber ganz stimmt's doch auch nicht
mit dem Gefeit=sein; Enttäuschungen, wie ich z. B.
am hintertückischen Verhalten Exls und der Erdrosselung
von Stück und Erfolg erlebte, sind nicht von Pappe.