Kienzl, Hermann: Brief an Wilhelm Kienzl. Wilmersdorf bei Berlin, 23.10.1924
Siehst Du zufällig den Mann, so ergiebt sich's vielleicht
von selbst, daß Du ihn fragst, weshalb er sein
Wort gebrochen hat. Als ich von Wien, nach
der 2. Aufführung, fortreiste, beteuerte er feier=
lich (vor Zeugen!) das Stück unbedingt halten
und dann im eigenen Haus geben zu wollen.
Darauf spielte er es noch - ein einziges
Mal, läßt es jetzt begraben sein u. gab
mir auf meinen Brief, der einen Ratten=
könig von Intriguen bloßgelegt hatte, nicht
einmal eine Antwort. Wie viel Freundschaft,
wie viel - auch materielle! - Hilfe hatte
ich ihn gewidmet! Nicht im Traum verlangte
ich dafür freundschaftliche Bevorzugung; aber daß
man außer der Regel schnöde an mir handeln
würde, war nicht anzunehmen. Der Erfolg
der Komödie war groß - auch in der
Presse, noch viel mehr beim Publikum, so groß,
daß Exl gerade deshalb, wie er sagte, nach
dem stürmischen Beifall der 2. Aufführung sein
besonderes Versprechen machte, das er so rasch
in den Wind schlug. Für eine Juli=Première
war auch der Besuch der Vorstellungen vorzüglich,
viel besser, wie ich mit eigenen Augen sah, als
der anderer neuer Stücke. Aber Dir. Beer,
bekannt als schlechter Kerl und mir feindlich,
setzte bei Exl ohne weiteres seinen Willen durch.
Von vorneherein machte man das Stück tot; auf
Beers Wunsch wurde es an keinem Samstag oder
Sonntag u. die 2. Aufführung erst 6 Tage nach der Première
angesetzt!!!