Kienzl, Hermann: Brief an Wilhelm Kienzl. Wilmersdorf bei Berlin, 23.10.1924
2.
Nun, die Welt ist einmal, wie sie ist, - und ein
Esel, wer sich auf Menschen verläßt.
Wann soll denn die Première in Coburg sein?
Wenn ich's rechtzeitig weiß, komme ich wohl
angefahren. Mit Sicherheit nehme ich an, daß
Du bei dieser Gelegenheit nach Berlin kommst.
Nun noch was Geschäftliches: Im Dezember
wird in Berlin wieder der Wiener Volks=
gesangsverein konzertieren. Ich möchte die
Dezember=Nummer von „Österreich=Deutschland”
einigermaßen auf österreichische Musik einstellen
und könnte es trotz Bruderschaft verant=
worten, einen kleinen Aufsatz über Dich,
den repräsentativen Komponisten einer öster=
reichischen Volksoper, zu bringen. Du hast
in Deinem Kreis gewiß irgendwen, der das
hübsch, geschmackvoll, ohne Übertreibungen,
in moderner stilistischer Form, unentgeltlich
(oder gegen bescheidenes Honorar!) und in
der knappen Fassung von 120 Druckzeilen
leisten möchte. Bitte, beauftrage in meinem
Namen jeden, der Dir geeignet scheint; nur
womöglich den Urteutonen Max Morold
nicht. (An Decsey schrieb ich mit ähnlichem Vorschlag
vor 10 Monaten; er antwortete nicht.)
Ich müßte den Aufsatz bis Mitte November haben.