Quincke, Wolfgang: Brief an Luise Necker. Oberaudorf, 22.10.1927
Postfach 66 Oberaudorf, den 22. Oktober 1927.
Liebes Luisekind!
Noch habe ich Ihnen für
die schöne Karte mit den Beethovenhäusern
zu danken; ich bin ein Barbar, dass es nicht längst
geschehen ist.
Aber ich war mit Hausbau, Umzug (1. Juni) und
Einrichtung beschäftigt, und diese war noch kaum
beendet, als meine Frau an Nieren- und Herzleiden
erkrankte, die sie in einem Tag um ein Dutzend
Jahr älter gemacht haben, so dass sie erbärm-
lich herumschleicht, keine Luft hat und jede Nacht
von Husten geplagt wird. In dem sonnenlosen
Dachstock, das sie nicht mehr hätte verlassen
können, denn sie ist nicht imstand, eine Treppe
zu steigen, wäre sie mir glatt gestorben. Hier
aber konnte sie an jedem schönen Tage draussen
in der Sonne sein.
Nun mochte ich wissen, wie es Ihnen geht und
wo Sie im Sommer waren.
Käthchen habe ich auch nicht geschrieben,
sie bekommt aber jetzt ebenfalls Nachricht.
Im August war Mieze 14 Tage hier, im
September die Tochter meiner Frau ebenso
lange. Das waren tröstliche Tage.
Ich kann nicht daran denken, meine Frau zu
verlassen, war nur mit Mieze und dann 2 mal