Quincke, Wolfgang: Brief an Luise Necker. Oberaudorf, 23.1.1927
Postfach 66
Oberaudorf, den 23. Januar 27.
Liebes Luisekind,
mit Schmerz haben wir
aus Ihren Briefen vom 1. und 11. d. M.
ersehen, dass die Wirkung der Sommerfrische
zwar vorhanden gewesen, aber - wie bei den
meisten Menschen - seit Neujahr wieder
vorbei ist. Hoffentlich ist es blos eine Erkäl-
tung gewesen, die Sie ins Bett gebannt hat, und
Sie sind schon wieder heraus.
Arbeit ist doch die einzige Möglichkeit, das
Leben auszuhalten. Also wenn die einmal
fehlt, kommen die Gespenster der Vergangen-
heit; das geht doch jedem so und ist keine
Schwäche. Dass es schlimmer ist, wenn man
allein lebt, versteht sich. Dafür hat die Ein-
samkeit auch ihre Vorzüge.
Mir tut es leid, dass Sie Weihnachten nicht
in Piesting sein konnten. Aber der Winter auf
dem Lande ist hart, und Sie gewiss sehr ver-
ständig, dass Sie es sich versagt haben.
Die Apostel sind doch von Dürer; ich weiss
nicht, welche Sie sonst meinen könnten.
Aber damals kannte ich die Sammlungen
wenigstens der Schack-Galerie selbst noch
nicht genug und konnte Ihnen z. B. über