Prag XVI/586, 29. 12. 28
Verehrter Herr Studienrat,
nehmen Sie vielen Dank für Ihren letzten Brief
und die Übersendung des Epigramms, letzterem
Dank schliesst sich auch meine Schwester an. Über
die Stimmung die es diktierte, sind Sie wol unter-
dessen hinausgekommen, obwol sie ja nur zu begreif-
lich war. Ich bin sehr glücklich, dass der Bescheid der
Notgemeinschaft nun doch ein relativ guter ist -
und habe Geh. Burdach, von dem ich einen - in
dieser Beziehung gar nicht zuversichtlichen Brief
hatte, gedankt - er ist wirklich sehr zuverlässig
und hilfsbereit. Wie rührend, dass Ihr Schwiegervater
auch so lebendigen Anteil nimmt. In Wien werden
Sie, vielleicht mit H. Redlichs Hilfe, sich doch eine
Möglichkeit des Aufenthalts schaffen - sobald die
andere Sache in Ordnung ist. Hofrat R. will also
Ende dieser Woche mit Breitner reden - ich habe
ihm heute noch einen Neujahrsgruss geschickt
mit dem Bemerken, dass ich seiner Nachricht
mit Spannung entgegensehe. So ist mein
heutiger Brief eigentlich nichts als ein Dank
für den Ihren - wie freue ich mich, dass es
Ihrer lieben Frau besser geht. Verzagen Sie
nicht in der Wiener Sache; vielleicht kommt
es jetzt doch anders und besser.