BRESLAUER
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★
REDAKTION
BRESLAU 1, den 11. Juni 1931.
Fernsprecher 22721
Hochverehrter Herr Kraus!
Beifolgendes Schreiben stellt eine Erklärung des Herrn Bischoff dar,
sie ist Wort für Wort von ihm verfasst und in die Form eines von mir
geschriebenen Briefes gebracht. Sie entnehmen daraus, dass mein er-
ster Brief an die Schlesische Funkstunde rätselhafterweise dort nicht
eingegangen ist. Bischoff gibt also zu, sich kritisch über den Vorle-
ser Karl Kraus, über den Vorleser Shakespeares und Offenbachs, nicht
den eigener Schriften, geäussert zu haben, bestreitet jedoch, das
in einer hämischen Form getan zu haben. Er bestreitet das nur für
seine Person, denn was die Herren Nick und Engel bei der oder jener
Gelegenheit etwa geäussert hätten, könne er, so sagt er, natürlich
nicht kontrollieren. Auch mein Aufsatz über die Vorlesung "Pariser
Leben" sei in der Schlesischen Funkstunde diskutiert worden und er,
Bischoff, habe dazu nur gesagt, dass er den Aufsatz zwar als kriti-
sche Leistung bewundere, die darin zum Ausdruck kommende Begeiste-
rung aber nicht mitmachen könne. Durch eine Zwischenfrage stellte
ich fest, dass Herr Bischoff niemals eine Offenbach-Vorlesung gehört
hat. Was sein Verhalten an jenem Abend, den er mit Ihnen verbrachte,
betrifft, so erklärte Bischoff: er könne doch nicht gerade die Gele-
genheit, da es gelte, einen Gast der Schlesischen Funkstunde zu be-
grüssen, benutzen, um den Gast mit persönlich-kritischen Einwänden
zu kommen. Seine höhere Bewertung des Vorlesers eigener Schriften
sei ja dadurch dokumentiert worden, dass er sich vor allem bemüht
habe, Karl Kraus zu einer Vorlesung eigener Schriften am schlesi-
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REDAKTION
BRESLAU 1, den 11. Juni 1931.
Fernsprecher 22721
Hochverehrter Herr Kraus!
Beifolgendes Schreiben stellt eine Erklärung des Herrn Bischoff dar,
sie ist Wort für Wort von ihm verfasst und in die Form eines von mir
geschriebenen Briefes gebracht. Sie entnehmen daraus, dass mein er-
ster Brief an die Schlesische Funkstunde rätselhafterweise dort nicht
eingegangen ist. Bischoff gibt also zu, sich kritisch über den Vorle-
ser Karl Kraus, über den Vorleser Shakespeares und Offenbachs, nicht
den eigener Schriften, geäussert zu haben, bestreitet jedoch, das
in einer hämischen Form getan zu haben. Er bestreitet das nur für
seine Person, denn was die Herren Nick und Engel bei der oder jener
Gelegenheit etwa geäussert hätten, könne er, so sagt er, natürlich
nicht kontrollieren. Auch mein Aufsatz über die Vorlesung "Pariser
Leben" sei in der Schlesischen Funkstunde diskutiert worden und er,
Bischoff, habe dazu nur gesagt, dass er den Aufsatz zwar als kriti-
sche Leistung bewundere, die darin zum Ausdruck kommende Begeiste-
rung aber nicht mitmachen könne. Durch eine Zwischenfrage stellte
ich fest, dass Herr Bischoff niemals eine Offenbach-Vorlesung gehört
hat. Was sein Verhalten an jenem Abend, den er mit Ihnen verbrachte,
betrifft, so erklärte Bischoff: er könne doch nicht gerade die Gele-
genheit, da es gelte, einen Gast der Schlesischen Funkstunde zu be-
grüssen, benutzen, um den Gast mit persönlich-kritischen Einwänden
zu kommen. Seine höhere Bewertung des Vorlesers eigener Schriften
sei ja dadurch dokumentiert worden, dass er sich vor allem bemüht
habe, Karl Kraus zu einer Vorlesung eigener Schriften am schlesi-