Burghauser, Wolfgang: Brief an Dagny Servaes. Cilli, 24.10.1916
meiner alten Freunde auf dem Platze.Beruhigt und
frohen Sinnes eilte ich zur Neuen Freien Presse,
um Franz Servaes aufzusuchen:den findest Du bestimmt,
dachte ich mir.Und da ward mir die Nachricht,dass
Ihr Vater nicht mehr in Wien sei.Glauben Sie mir,
dass ich auf diese Nachricht stillschweigend durch
die Strassen ging,als hätte ich viel,viel sehr Lie=
bes verloren,als wäre Wien nicht mehr die Stadt,die
ich gekannt.Denn ich habe Ihren Vater schätzen und
lieben gelernt.Wenn wir auch vielleicht nicht viel
miteinander waren,so haben doch die wenigen Stunden
genügt,ihn als guten Freund und prächtigen Menschen
mit einer hellen Seele für wahre Schönheit kennen
zu lernen.Und seitdem schätze ich meinen lieben
Franz Servaes.– Schon in Wien im Dezember vergange=
nen Jahres wollte ich Ihrem Vater schreiben,aber ich
wusste nicht wohin.Da kam mir Ihr Bild in die Hände
da erfuhr ich,dass Sie jetzt am Lessingtheater in
Berlin wirken,nicht mehr die kleine Dagny,die das
Gedicht von jungen Siegfried vortrug,sondern die