Divéky, József: Brief an Arthur Roessler. Beuthen, 29.11.1914
von Berufung zu sprechen. Auch daß ich diesen
Krieg nicht nur in einer bestimmten Beleuch-
tung sehe und mitmache, sondern durch den
Wechsel der Truppe und der Art der Tätigkeit
Gelegenheit habe ein umfassenderes Bild mir
zu machen ist ein Glücksfall, der auch künst-
lerisch nicht ohne Folgen sein wird. Ich denke
auch etwas anders, und ich fange merkwürdi-
gerweise in Arbeiten Tiefen zu finden, die
mir früher nur schlecht gezeichnet schienen.
Es muß das allgemein Menschliche daran
sein, das mir jetzt zum Bewußtsein kommt
vielleicht gerade geweckt wurde durch das
viele Unmenschliche, was ich sah und erlebte.
Auch viel Schönes und Erhebendes sah ich, und
ich glaube, daß nichts so sehr imstande ist
den Menschen zu bilden, als der bunte
Wechsel von Gut und Böse, fast zum Ver-
gleich einander folgend. Eine Episode:
Ich muß Kühe kaufen fahren, komme steif
vor Kälte in ein Nest und trete in ein
Haus. Meine Husaren bringen ein Kalb.
Es ist gut, ich frage den Preis. Da man einen
lächerlich hohen Preis verlangt, bezahle ich
nach meinem Gutdünken (ganz anständig n.b.)
Und wie die Leute sehen, daß es ernst ist, be-
ginnen sie zu jammern, zu weinen, mich
auf den Knieen anzuflehen; es ist zum Herz-
brechen, ich muß das Vieh haben. Ich muß
hart sein, brutal sein, denn die Leute haben
ja noch ein Kalb. Ich muß grob werden; ich schmeiße
die Leute mit eigener Hand zur Türe hinaus,
ich bedrohe sie mit dem Revolver. Der Mann
wirft mir weinend das Geld ins Gesicht, und
ich muß den 50jährigen Mann ohrfeigen!
Nachher packt mich ein wahnsinniger Ekel und
ich möchte mich selbst anspucken, aber ich mußte