Divéky, József: Brief an Arthur Roessler. Beuthen, 29.11.1914
so vorgehen. Und dann kommen meine Leute
ich fahre sie an, daß sie ohne Kuh kommen.
Sie reden sich aus, alles hätte nur mehr eine.
Die letzte. Ich befehle: " Her damit." In einer
Viertelstunde miesester Stimmung und in Vor-
aussicht der kommenden Szenen kommt ver-
legen der eine Husar und meldet, fast
bittend, sie hätten nicht das Herz, die letzte
Kuh zu nehmen ! So was wirkt so erhebend,
so wohltuend, daß mans fast nur nach der
Wirkung auf sich selbst messen kann. Ich
hätte den Kerl küssen mögen; und achsel-
zuckend entschloß ich mich, noch eine Stunde
weiter zu fahren, wo anders zu suchen.
Es ist sicher nicht sentimental, ich halte es
bloß für menschlich. Ein Bursch, der Lublin
mitgemacht hat, und Attaken geritten
wie ein Teufel, kann nicht die letzte Kuh
in Feindesland wegtreiben, für Geld ! -
Es sind ja Details, die ich erzähle, aber sie
illustrieren, was ich meine: das Menschli-
che. Und deshalb bin ich immer lieber bei
der Mannschaft als bei den Offizieren; denn
man sieht bei Ersteren den Menschen un-
verhüllter als bei den kultivierten Herren.
Kultur ist schön, aber dem Studium (finde
ich) sehr schädlich. Auch beim Sezieren zieht
man erst die Haut ab.
Da ich jetzt bei einer Truppe bin, deren Post
funktioniert, erfreuen Sie mich bald durch
einen Brief an nachstehende Adresse:
Gefrt. Divéky
Train der Fußabteilung. 2. Kav. Trupp. Dion.
Feldpost 35
Es grüßt Sie und Frau herzlichst Ihr Divéky.