Divéky, József: Brief an Arthur Roessler. Beuthen, 29.11.1914
den, die mir trotz meiner Schuldlosigkeit die
äußersten Schwierigkeiten hätten bereiten
können, wenn ich mich z. B. einen Tag später
erst entschließe ohne Befehl von hier wegzu-
fahren. - Davon spreche ich wieder nicht, daß ich
im dicksten Feuer fast frivol die Deckung ver-
schmähte und die Kugeln und Sprengstücke
von Shrapnels, die ober und neben mir platzten
mich prinzipiell zu meiden schienen; denn
das passiert vielen. Aber daß Alles so schein-
bar abgekartet geklappt hat wie in einem
Roman, das ist mir fast unheimlich. Aber
es läßt mich noch viel von meiner Zukunft
hoffen. - Nichts geschah in meinem Leben
(d. h. seitdem ich entschlußfähig geworden bin)
ohne spontane, instinktive Entschließung.
Ich entschloß mich in der Sexta bei der Nach-
prüfung durchzufallen, ich mußte desertie-
ren, ich mußte nach Brüssel, ich mußte zum
Krieg einrücken, so wie ich den Zwang
fühle mich in Wien niederzulassen. Ich
muß, und ich habe gelernt dieses "muß"
von anderen Überlegungen streng zu unter-
scheiden und ihm blindlings zu folgen. Die-
ses "muß" ist mein Schicksal, das mich auch
zwang gerade meine Frau zur Frau zu
kriegen, das mich zwang Ihre Freundschaft zu
suchen und zu finden, das mein weiteres
Leben bestimmen und lenken wird. -
Nun sagen Sie 'mal selbst, ist dies Alles
nicht sehr merkwürdig, und weckt das nicht
sonderbare Gedanken von "berufen sein" u.
Ähnlichem? Ich meine das ganz ohne Über-
hebung; denn nur die Kunst ist mein Beruf
und wenn mich das Schicksal oder mein
Glück zu diesem Beruf mich aufspart und
ihm zuführt, so ist es nicht Größenwahn, da