Berg, Alban: Brief an Anton von Webern. Trahütten, 18.8.1924
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    ALBAN BERG p. A. NAHOWSKI
    TRAHÜTTEN IN STEIERMARK
    POST: DEUTSCH-LANDSBERG
    A./D. GRAZ - KÖFLACHER - BAHN
    18. 8. 24
    Montag
    Mein lieber Freund, vielen, vielen Dank für Deinen lieben Brief. Ich
    will ihn gleich beantworten u. zw. in der Reihenfolge Deines Briefs:
    Schönberg Heft: Dein Standpunkt betreffs Winternitz=Aufsatz der einzig=
    mögliche. Solche Leute, die nichts zu sagen wissen, haben wenigstens
    restlos ihre Verehrung darzubringen; weshalb ich z. Bsp. für die Aufnahme des sonst
    belanglosen Geredes des Klenau war. [Hast Du
    den übrigens gelesen? Bist Du auch dafür?] Stefans Idee: Zitate aus "Probleme
    des Kunstunterrichts" zu bringen, finde ich nicht
    schlecht. Harmonielehre, weniger gut: Ich glaub in letzterem Fall
    müßte man auf dem Standpunkt stehen, daß dieses Buch all=
    gemein bekannt ist. [was bei ersterem nicht der Fall ist]
    Freilich hängt es von der Auswahl ab: Es steht auch in der
    Harmonielehre so unendlich viel, was im Rahmen eines Theo
    riebuchs gleichsam versteckt ist; so daß man es an's
    Licht ziehn müßte. Du wirst ja sehn, was Stefan
    daraus zitiert! - Pisk's Aufsatz, kannst Du doch
    ohneweiters redigieren. D. h ihn freundschaftlichst beiseite
    nehmen u. ihm rathend den Aufsatz verbessern. d. h.
    event. Geschmackloses eliminieren, fehlendes ergänzen [hiezu
    gehört vielleicht auch das Statistische: Wieviel Autoren u. Werke
    wir in den ersten 2, 3 Jahren aufführten. N. B. in einer Zeit,
    wo die Internationale noch nicht Trumpf war. Er wird
    übrigens ja viel aus den gedruckten (von Schonbg inspirierten) Pros=
    pekten entnehmen - u. damit gut tun!