Boettcher, Hans: Brief an Ernst Krenek. Berlin, 21.10.1930
2. Den bereits diskutierten Satz in Absatz 4 bitte ich Sie in folgen-
der Formulierung zu bringen:
"Wenn es ihn ärgern sollte,dass sie statt der Cigarren den Haus-
schlüssel herausgezogen haben,so wäre das doch nur eine Nuance
der Missachtung gegenüber einem kulinarischen Kunstwerk......"
Vielleicht könnten im selben Absatz die Worte " insbesondere seit
der sogenannten Revolution" ausfallen,falls Sie nicht unbedingt darauf
bestehen. Ich würde dieses nur im Interesse möglichster Vermeidung
irgendwelcher parteipolitischer Auslegungen vorschlagen.
3.Bezüglich des Schlussatzes,den ich angestrichen hatte und dessen
Intentionen mir durch die Änderung Ihrer letzten Worte klar wurde,möchte
ich Sie noch auf einen Umstand hinweisen,der mir für die Gesamtdiskussion
von wesentlicher Bedeutung erscheint:
Der Konditionalsatz:
"falls aber die Zündung versagt oder die Bewohner Verdacht
schöpfen,werden diese eingeladen......"
muss den Anschein erwecken,als käme es Brecht darauf an, etwa eine bei der 1.Aufführung laut gewordene Oppo-
sition gegen sein Werk durch nachträgliche Unterschiebung des „Kulinari-
schen” von der Harmlosigkeit zu überzeugen.Dieser Auffassung,die der Kon-
ditionalsatz nahelegt,widerspricht ja sowohl die objektive Entstehungs-
geschichte der Oper "Mahagonny",wie die Intention Brechts,dem es offen-
sichtlich darauf ankommt,dem Publikum da,wo es am wenigsten erwartet wird,
nämlich in seiner Haltung in der Oper, den Spiegel vorzuhalten.Auf unsern
Zusammenhang hat diese Frage ja nur insoweit Bezug,als der Vorwurf eines
plötzlichen und geschäftsmässig bedingten Gesinnungswechsels a posteriori
eine schwere persönliche Verletzung bedeutete.Ich glaube nicht,dass Sie
in dem angedeuteten Sinne einer nachträglichen "Einladung" argumentierten,
wäre Ihnen aber, um auch hier jeder persönliche Weiterung zu umgehen,dank-
bar,wenn Sie,falls Sie überhaupt auf den Schlussatz bestehen,ihn etwa