Franzos, Ottilie: Brief an Julius Pée. Wien, 9.12.1921
ren. Der einzige Bub war heuer zum
2. Mal in Holland, ist dort an einer
Meningitis erkrankt. Seine Mutter
durfte ihn mit dem Kinderzug un=
entgeltlich holen. Nun ist er hier, nach
Weihnacht wird er hoffentlich wieder
in die Schule dürfen. Rührenderweise
schickt ihm sein holländischer Gastgeber,
ein Schmied, öfters holländisches Geld.
Von den holländischen Gastfreunden des
verstorbenen Töchterchens kommt auch
mancherlei. Die Familie ist nicht in
Not und nährt sich gut, aber der Bub
sieht noch immer jammervoll aus.
Sein Höchstes ist Chocolade. So habe
ich 1/2 Kilo für 777 Kronen zu
Weihnacht gekauft - seine Freude
und sein Dank kommen dann auf
Conto Meirelbeke. Chocolade und Solches
kann seine Mutter natürlich nicht lei-
sten - ich glaube für Weihnacht hat
sie ihm auch 1/4 gekauft.
Liebe Frau Professor, haben Sie
für heute genug von Wien?!
Zum Schluß lassen Sie sich noch-
mals danken und viel Glück