Franzos, Ottilie: Brief an Julius Pée. Wien, 9.12.1921
sei mir, was sie mir früher gewesen wäre: sie ist
mir tausendmal mehr! Sie bedeutet mir meine
einzige geistige Anregung. / Nur neulich hatte ich
mit Fulda eine schöne Stunde, er war ein paar Tage
in Wien/. Leihbibliothek unerschwinglich und durch
die vorher erwähnten Straßenbahnverhältnisse un=
erreichbar, dies ist für mich auch die Universitäts-
bibliothek, von der ich begünstigt wäre, zu entlei-
hen. An Theater und Conzert nicht zu denken! Das
ist auch nicht nötig, mit 65 kann man Abends
ruhig zu Hause sein, dankbar, daß es in einem
geheizten Zimmer ist.
Wenn ich, trotz des Gesagten, Ihre Weihnachts-
gabe annehme, so ist es, weil es mir so un-
möglich scheint, sie abzulehnen, als hätte eine
alte, bewährte Freundin sie mir geboten. Ich
danke von ganzem Herzen, sie wird sich wohl
im Frühjahr in Stiefel verwandeln. Selbstver-
ständlich nehme ich nun nichts von dem Geld
Ihres Herrn Gemahls für mich weg.
Ich weiß, daß ich nicht Rechnung legen
muß nach Ihrer Beider Sinn, erzähle aber
doch weiter von der Verwendung. Vor-
läufig bleibt noch reichlich für die Bücher-
besorgungen, die Ihr Herr Gemahl wünscht -
hoffe sie ihm aber in Deutschland besorgen