Gräf, Hans Gerhard: Brief an Otto Weissel. Weimar, 1.12.1918
Weimar, 1. XII. 18.
Hochverehrter Herr Doktor,
Dringende Arbeiten lassen mich
erst heut Ihnen herzlich danken für Ihren Brief vom
22., der am 29. eintraf. Gern hätte ich ihn sofort be=
antwortet, um Ihnen für den großen Dienst zu dan=
ken, den Sie mir erwiesen haben. Freilich, wenn Sie mir
schon das Peinliche werden nachfühlen können, das für
mich in der Notwendigkeit liegen mußte, Ihnen mit
der Aufdeckung meiner materiellen Nöte lästig zu fallen,
um wie viel peinlicher ist jetzt erst meine Lage gewor=
den, da ich durch Ihren neuesten Brief erfahren habe,
was ich gar nicht wußte, nicht ahnen konnte, auch
nur im Entferntesten ahnen konnte, daß es mit
Herrn P. so bestellt ist. Wie hätte es mir denn sonst
einfallen können, mich, durch Ihre Vermittlung,
an ihn zu wenden, trotz meiner argen Bedrängnis!
Freilich sind mir die staatlich=finanziellen Verhältnisse
Ihres Landes unbekannt; aber sagen Sie selbst: ob ich
nicht auf Grund der mir bekannten Thatsachen zu
der Annahme berechtigt war: Herr P. sei in guten,
ja sehr guten Verhältnissen? Um nur einige Mo=
mente zu nennen, die mich zu dem Glauben führen