Haus, Anton von: Brief an Lucia von Fries-Skene. Pola, 18.8.1916
den Mut gefunden hätte. Möchten nur
meine Bedenken ebenso unbegründet
sein, wie es Ihre sind!
Vor allem möchte u. könnte ich fast al=
les, was Sie mir so lieb über oder
von sich selbst schreiben, Ihnen einfach
von mir zurückschreiben. Eine ver=
schlossenere, einsamere, innerlich schwär=
merische Natur, als ich es war, habe
ich nie gekannt, (außer mein Sohn
(älterer) ist es). Als Knabe war der
Wald mein Paradies. In den Ferien
verbrachte ich die meiste Zeit in der
Waldeinsamkeit, sinnend, träumend,
schwärmend, analysierend. Zu Ostern
u. Pfingsten war es eine ganz andere
Welt, ganz andere Stimmen sprachen
zu mir: Kuckuck, Mandelkrähe, Gold=
ammer, Turteltauben, Nachtigallen.
Wo sind die hingegangen im Hochsom=
mer u. gar im Herbst, wo fast nur
Häher, Spechte, Krähen, die ernste Wal=
desstille zeitweise unterbrachen?
Und alle Arten Bäume, Sträucher,
Blumen, Gräser, Moose, Pilze kannte
ich u. teilte sie ein in sympathische u.
antipathische u. versuchte zu ergründen,
was mir die einen sym=, die anderen
antipathisch mache. Warum sind nicht
nur sympatische da? Daß, wenn al=
les in der Welt gleich schön wäre, das
Wohlgefallen am Schönen überhaupt
sich nie entwickelt hätte u. uns abginge,
leuchtete mir allmälig ein u. ich trach=
tete dann, der Natur in allen Er=
scheinungen gerecht zu werden, d.h.