Tom keine Zeit haben werde, ihn auszulesen:
auf den 6 Bogen zusammen sind es nur
1668 liebe Worte! So ein kurzes Brieferl
getraue ich mich gar nicht, Ihnen zu schreiben.
Auf den 4 Bogen dieses meines Briefes sind
gewiß wenigstens 3668, also 2000 mehr,
d. h. wenn ich mit so vornehmer Raumver=
schwendung schriebe wie Sie, so müßte ich Ihnen jetzt
einen Brief von 14 Bogen schicken! Nur
weil ich mit kilo-schweren Briefen Sie nicht
kompromittieren u. doch gerne viel schreiben
will, schreibe ich immer so knauserig eng u.
klein. Die Welt gönnt mir ja nicht einmal
dieses Glück.– Ihren so langen Brief habe ich
in 10 Minuten durchgelesen. Bitte, bitte lie
be Freundin schreiben Sie doch etwas mehr!
Wenn Sie öfter als einmal in der Woche
schreiben, werde ich es gewiß auch mit
Freuden tun; sonst getraue ich mich nicht.
Eine noch viel größere Bitte habe ich, daß
Sie, wenn es möglich ist, Se. Exzellenz bewe=
gen, sich meiner Einladung noch in diesem
Jahre gütigst zu erinnern, d. h. so bald
als möglich Ihren lieben Besuch zu wieder=
holen. S. M. der Kaiser hat vor 5 Tagen sei=
nen Besuch mir angekündigt, voraussicht=
lich nächste Woche, jedenfalls vor Weihnach=
ten. Da er wegen Unterkunft nichts ver=
fügt hat, glaube ich, daß er nicht über Nacht
hier bleibt; sobald ich Bestimmtes weiß,
schreibe ich. Bitte auch S. Exzellenz zu sagen
daß des K. Besuch geheim bleiben muß.
Ihren lieben lieben Brief werde ich erst beantworten. Auf
viele Fragen habe ich auf diesem Bogen geantwortet,
bevor Ihr Brief kam. Nur Eines noch. Wenn ich vom
Ende unserer Freundschaft schrieb, dachte ich nie an
das Ende meiner Gefühle. Nie werden Sie aus Toms
Herzen verschwinden. Immer bleiben Sie die
edelste, harmonischeste, holdeste Frauenerschei=
nung meines Lebens, mein holdes Wunder.
Ich zweifle auch nie an der Echtheit u. Treue Ihrer
Freundschaft. Ich denke immer nur an die Ver=
hältnisse, die stärker sind als wir. Die Zukunft Gott über=
lassen! In innigster Freundschaft u. Verehrung Ihr AHaus