Kienzl, Hermann: Brief an Wilhelm Kienzl. Wilmersdorf bei Berlin, 31.7.1926
Berlin=Wilmersdorf, Berlinerstr 10.
Samstag 31. Juli 1926.
Herzlichen Dank
für die Postkarte!
Mein lieber Gulian!
Seit 4 Tagen bin ich hier, und die Alpen heben
nicht mehr meine Augen über das Parterre meiner
elenden Schmerzen empor. Mitgebracht habe ich
einen noch schlimmeren Zustand, als ich nach
Gastein getragen, wohl aber auch den Nachklang
der trotzallem so schönen Tage. Sei Du mit
Henny nachmals auf's Herzlichste bedankt und
breite, bitte, diese Dankbarkeit auf Deine
lieben Hausgenossen aus - für alles nachsichtige
Ertragen eines die Gegend verschandelnden
Kranken! - Am letzten Tag in Gallspach
(Montag 26/7) verabreichte mir Zeileis dreimal
eine dreifache Portion, als Mundvorrat für
die nächste Zeit. Ich hatte ihm gesagt, daß ich
bereit sei, Aufenthalt und Behandlung um einige
Tage zu verlängern; er riet davon ab, weil
er für die 4 Tage eine derart radikale Miß=
handlung angewandt habe, daß ihre sofortige
Fortsetzung jetzt nicht angezeigt sei. Es war
auch nicht schwer, am Ende dieser Tage einen
sichtbaren Kräfteverfall festzustellen. Unmittelbar