Necker, Moritz: Brief an Sophie Lotheissen. o.O., 11.8.1914
sie zu Mittag essen soll. Ich finde, dass sie nicht gut aussieht.
Aber ändern läßt sich nichts, die Bureauarbeit muß gemacht
werden u. in diesen Zeiten hört jeder zu murren auf.
Eine Bedienerin nehme ich vorderhand nicht auf, meine Schuhe
putze ich mir selbst, die Lüftung des Bettgewandes ist auch kein
Kunststück.
Heute hoffe ich den Abend bei Rud. Hawel zu verbringen,
der an einer Dichtung mit aktuellem Stoff fürs Deutsche Volks=
theater im Auftrag Weißer schreibt. Morgen will ich den Abend
in Hacking verbringen, wo ich Sontag Dr. Gustav u. Frau Helene
Scheu=Rieß traf; sie waren bei Hofrätin Lauser zu Besuch
u. werden morgen wiederum dort sein. - Ginzkey, den ich,
als er mit seinem heute erschienen Soldatenlied kam, mit
offenen Armen empfing, ärgerte sich, mit Felix Dörmann
zusammengekoppelt zu werden, u. doch läßt sich nicht leug-
nen, dass Dörmanns Gedicht mehr zu Ohr u. zu Herzen geht; Ginz-
keys Lied hat manche Härten („Deutschbruder“ - scheußlich!) Auf
das „verserbt“ hat sich Ginzkey viel zugute getan.
Bitte um Nachricht! Warum kam letzthin Dein Brief wegen
Grünfeld so rasch? Und seither keine weiter.
Dein Moritz