Schobert
2ten Mai. 14.
Dein Brief hat mich so erfreut Lieber! , daß
ich mich nicht enthalten kann, Dir innig gleich zu
danken. Ich konnte ihn erst heute früh lesen,
da ich gestern beÿ Hubers Ankunft nicht zuhau=
se war, ich legte ihn zu dem Ende zum Bett,
und las und freute mich so innig, während alles
noch ruhte, ich blikte hinaus durch das Fenster
in die Purpurglut, in der die Gipfel der Prater=
alleen brannten, da stieg die Sonne gerade
vor mir hervor, so unaussprechlich schön und
majestätisch, als ich sie noch nie sah, und warf
auf mich Staunenden blendende zitternde Strah=
len - o es war ein feÿerlicher Augenblik, ich
blikte hinauf in die helle Bläue, und bestrahlt
von ihrem Glanze glaubte ich verklärt unter
Euch zu stehn, ich rief dem erwachenden Max
zu, dieß herrliche Schauspiel zu besehen, den
es entzükte. O wie herrlich muß euer Leben
seÿn, die ihr diese Stunden der Weihe im
liebenden Kreise auf offener Flur leben könnt,
während wir dem kleinsten Strahl in den en=
gen Fugen entzückt lauschen, da läßt sich wirken
und handeln in einer Sekunde mehr, als durch
tagelanges Vorpredigen, wo jede Saite der Brust
sich spannt, zerfloßen in Wehmuth Liebe
und Staunen der Blick hinauf zur Feuerwelt
schaut - und hingegeben die Seele, da möcht'
ich Dich sehen mit verklärtem Blick [zu] be=
trachten zu umarmen und weinen!
2ten Mai. 14.
Dein Brief hat mich so erfreut Lieber! , daß
ich mich nicht enthalten kann, Dir innig gleich zu
danken. Ich konnte ihn erst heute früh lesen,
da ich gestern beÿ Hubers Ankunft nicht zuhau=
se war, ich legte ihn zu dem Ende zum Bett,
und las und freute mich so innig, während alles
noch ruhte, ich blikte hinaus durch das Fenster
in die Purpurglut, in der die Gipfel der Prater=
alleen brannten, da stieg die Sonne gerade
vor mir hervor, so unaussprechlich schön und
majestätisch, als ich sie noch nie sah, und warf
auf mich Staunenden blendende zitternde Strah=
len - o es war ein feÿerlicher Augenblik, ich
blikte hinauf in die helle Bläue, und bestrahlt
von ihrem Glanze glaubte ich verklärt unter
Euch zu stehn, ich rief dem erwachenden Max
zu, dieß herrliche Schauspiel zu besehen, den
es entzükte. O wie herrlich muß euer Leben
seÿn, die ihr diese Stunden der Weihe im
liebenden Kreise auf offener Flur leben könnt,
während wir dem kleinsten Strahl in den en=
gen Fugen entzückt lauschen, da läßt sich wirken
und handeln in einer Sekunde mehr, als durch
tagelanges Vorpredigen, wo jede Saite der Brust
sich spannt, zerfloßen in Wehmuth Liebe
und Staunen der Blick hinauf zur Feuerwelt
schaut - und hingegeben die Seele, da möcht'
ich Dich sehen mit verklärtem Blick [zu] be=
trachten zu umarmen und weinen!