Anzengruber, Karl: Brief an Franz Karl Ginzkey. Wien, 15.9.1920
einen Baum gebunden war. Dieses Hochwasser war ein
gewaltiges Schauspiel, welches so recht die Schwäche der Men=
schen und ihrer Werke demonstrierte, daß man sich ange=
sichts der zischend dahinschießenden Wassermassen noch
kleiner und unbeholfener vorkam als das kleinste Krabbel=
tier, falls dieses überhaupt zum Bewußtsein seiner Machtlosig=
keit und Kleinheit kommt. Kannst Du Dir vorstellen, daß
auf dem Weg zum Bade hinaus das Wasser stellenweise
3 Meter tief dahin schoß?? Jetzt ist die Donau wohl schon wieder
sittsam in ihr Bett zurückgegangen, doch die Schäden die sie
an Flur, Acker und Gebäuden angerichtet hat, sind zum
Teil nicht gut zu machen. Wir gehen daher einer neuerlichen,
großen Teuerung entgegen und wird es uns daher doppelt
freuen, von Dir Neues und Erfreuliches zu hören. Vom
„Fahrenden Sänger“, zu welchem mir nur noch Salten fehlt,
sollen nach Aussagen des Direktor Bock nächster Woche die
ersten Fahnenkorrekturen kommen, von denen ich selbstverständ=
lich sofort eine an Dich senden werde. Es wird auch gut sein,
wenn Du mir dann - mit Benützung Deines Artikels
„Dichterfahrten“ von dem Du ja einen Abdruck hast -
bekannt gibst, auf wieviel Seiten wir für das Vor=
wort rechnen können. Wir müßen nämlich gleich
nach dem Einlangen der Fahnen mit dem Umbruch
und Druck beginnen, um die Kosten des Stehenlassens
der Sätze zu vermeiden. Auch glaube ich, daß Du