Divéky, József: Brief an Arthur Roessler. Beuthen, 14.11.1914
der Artilleriegeschoße ganz amüsant fand. Letz-
teres gewöhnt sich schwerer. Denn das erste
mal, als man auf uns so ca. 17 Stück losließ
fiel es mir schwer Kaltblütigkeit zu zeigen.
Die verdammten Dinger! Grausiges Staunen
packte mich, als plötzlich mit johlendem
Geheul einen Meter über meinem Kopf das
erste wegpfiff und 20 Schritt hinter mir wie
ein höllisches Wunder mit Knall und Rauch
und Feuer platzte und seine Bestandteile
zerstäubte. Oder als ein anderes über mir
krepierte und seine 350 Kugeln durch die
Äste des Baumes um mich herunterprassel-
ten und in den Boden schlugen. Aber wie ge-
sagt, man stumpft sich ab und wartet mit
Spannung wo das nächste hingeht. Na und
die Gewehrkugeln pfeifen zum Schluße schon
ganz lustig, bloß imitiert man ihren Pfiff
ganz unwillkürlich. Wir hörten sie auch
beim Train oft genug. Aber trotzdem: ich
sah sehr viel interessantes, lernte Men-
schen und Kanaillen kennen, sah Situa-
tionen wo sich die Charaktere ganz unver-
hüllt offenbarten; kurz ich lernte nen
schweren Haufen brauchbaren Materials.
Ich führe Tagebuchartige Aufzeichnungen
zwecks späterer Zusammenstellung meiner
Erlebnisse; ohne Chronologie, nicht historisch,
rein menschlich und künstlerisch betrachtet.
Denn nicht Geschichte, nur Kunst ist mein
Zweck, dem mich das Schicksal anscheinend
auch nicht entziehen will, indem es mir ei-