Franzos, Ottilie: Brief an Julius Pée. Wien, 20.12.1922
nach dem von Dr. Roggen Gewünschten erkundigen zu können
u gleichztg das von Ihnen Gewünschte, so weit es erhältlich, zu be-
sorgen. Soeben fällt mir ein, daß auch Burckhardt noch
verpackt bei mir liegt.
Wilhelms Erkrankung und Umsattlung geht mir sehr nahe. Ich
bitte Sie recht innig, wenn Sie mir Ihre Freundschaft beweisen
wollen, mich an Freud und Leid teilnehmen zu lassen. Von
ganzem Herzen hoffe ich mit Ihnen, daß Ihr schöner, kostbarer
Junge hergestellt ist. Sein Entschluß umzusatteln, muß ihm
wohl sehr schwer gefallen sein! An und für sich ist es ja schön,
wenn er in Ihren Fußstapfen wandelt - schön, daß Sie mit
beiden Söhnen so viele Interessen teilen. Aber, daß er ein
selbstgewähltes Studium, den Lebensberuf, zu dem es ihn
zog, aufgeben mußte, mag ihn viel gekostet haben!
Morgen werde ich also an Prof. Brandl schreiben, daß ich im
Januar mich an die K. E. F.=Arbeit zu setzen hoffe - Gute Nacht!
Vielen Dank für die lettre de Vienne. Ich bin ganz einverstanden –
nur ob uns überhaupt zu helfen ist? Ob nicht noch Abertausen=
de vorher zu Grunde gehen müssen?! Was wird z. B. aus den
300,000 entlassenen Staatsbeamten in dieser Republik, die doch
keine andere Arbeit für sie hat? Es leben mehrere Habsburger
in Österreich, die Verzicht geleistet haben, so die Tochter das Kai-
sers F. J. 3/12 Früh. Die Namen in eles werden so gesprochen, als ob sie
mit scharfem ß geschrieben würden. - Über Büchner - Jaeglé weiß
ich nicht mehr. Daß Minna J. Georgs B.s Briefe vernichtet
hat, fand mein Mann jedenfalls falsch. Ob es vielleicht Rache
gegen die Familie B. war? Frage ich. - „Goldener Sonntag“
17/12 22. Verehrter Freund - verzeihen Sie, daß mir diese Anspra-
che aus der Feder geglitten ist! Gestern spät Nachmittag ist end-
lich Frau Dr. Geiger zurückgekehrt und ich bin meines 4wö-
chigen Kinderfräuleindaseins los. Selbstverständlich habe
ich diesen Dienst ohne Nachdenken als Pflicht betrachtet u gerne
erwiesen. Ich kehre aber froh in mein eigenes Leben, und
damit zu Ihnen auch zurück. Bevor ich aber in der
Beantwortung Ihrer Briefe fortfahre, sage ich, daß ich von
Frau Geheimrat Geiger das Folgende bekam. Leider
scheint sie die Höhe des Preises uns überlassen zu wol-
len. Die Sachen kommen wohl Ende des Monats mit
dem Möbeltransport des Sohnes nach Wien. Hoffent-
lich erhalte ich sie nun nicht auch von anderer
Seite!