Haus, Anton von: Brief an Lucia von Fries-Skene. Pola, 17.11.1916 - 29.11.1916
22.XI. Meine Frau u. Otto sind abgereist. Sie
waren fast 4 Tage hier, nach 30 Monaten
Trennung. Es waren vielleicht die 4 glück=
lichsten Tage, die wir je zusammen erlebt;
zu unserem Glück fehlte nur Leo, dessen
Urlaub 2 Tage nach Otto's Ankunft abge=
laufen war. Täglich fuhr ich um 8 Uhr auf
„Lacroma”, wo wir zusammen frühstück=
ten. Um 10 Uhr fuhren wir auf „Viribus”
u. trennten uns erst gegen 11 U. Nachts
auf „Lacroma”, wohin ich sie nach dem Di=
ner begleitete. Auch die Gäste, die wir
abends immer hatten, taten unserer Hei=
terkeit keinen Eintrag, im Gegenteil:
Njegovan sprudelte, Fr. v. Chmelarz strudel=
te in alten Erinnerungen. Nach 16 1/2 Jah=
ren war hier natürlich alles neu.
Einen einzigen sonnigen Nachmittag
benützten wir 3 zu einem 2 1/2 stündigen
Spaziergang, wobei wir auch die mit
Ihnen begangene Gegend besuchten.
Die ganze Zeit habe ich ungeheuer viel
an Sie, meine liebe Freundin, gedacht,
beständig psychologische Studien gemacht,
mein Herz u. Gewissen gründlich erforscht.
Meine Frau hat mich ebenso lieb wie den
Otto u. Leo; ich bin ihr „Ältester”. Ich bleibe
ihr an Liebe nichts schuldig. Daß mein
Leben ihr gehört, anerkennt nicht nur
mein Verstand als selbstverständliche
Pflicht, sondern ist auch ein natürliches,
instinktiv gewordenes Gefühl meines
Herzens. All dies weiß genau u. fühlt
m. Frau u. alles, was sie von mir
nur wünschen kann, sieht sie erfüllt.