Haus, Anton von: Brief an Lucia von Fries-Skene. Pola, 17.11.1916 - 29.11.1916
u. ruhig, ohne die Qual des Sehnens
Tom: „Neinneinneinneinneinneinneinnein!!”
29.XI. Den Streit mit Tom nahm ich lieber nicht
unter die „Offenbarungen” für Sie auf.
Dabei sah ich, daß meine Gedanken
überhaupt noch so verworren waren
von der Reaktion, die Ihr wunder=
sanfter Brief in meinem konfusen
Seelenzustand hervorgerufen, daß
ich Sie damit nicht erfreuen konnte,
u. schob das Briefschreiben auf, bis
zur Klärung. Jetzt bin ich in meinen
Gefühlen etwas geklärt. Jedenfalls
schäme ich mich wieder. Ist es viel=
leicht eine Eigenheit der hero's oder
der genialen Menschen, daß eine
leichte Verkühlung ihrer sonst kern=
gesunden Freundin in Kombination
mit dem Ausbleiben eines Briefes
schon genügt, um ihr seelisches Gleich=
gewicht so umzuwerfen, daß sie fast
schon an Weltuntergang denken?
Und warum hat die Freundin, die ich
schon im Fieberparoxysmus wähnte,
das ebenso lange Ausbleiben meines
Briefes ganz richtig erklärt u. die
volle Seelenruhe bewahrt? - Harmon=
nische sanfte Natur, Intuition u. Frei=
heit.- Ich habe nichts davon,-
Während ich schreibe, kommt Ihr lieber
lieber Brief v. Triest! Der dünne Faden, der
mich in der realen Welt mit Ihnen ver=
bindet, scheint mir wieder angeknüpft
u. intakt zu sein; ich atme wieder auf,
u. wie tief! Wenn dieser Faden ganz lo=
se wird u. ich nicht mehr spüre, daß das