Haus, Anton von: Brief an Lucia von Fries-Skene. Pola, 12.11.1916 - 16.11.1916
aufgeopfert hätte u. aufopfern würde,
wie für die Kinder; u. sie weiß das
Gleiche von mir u. hat zweimal gesehen,
daß ich in solchen Fällen nicht überlege.
Nach 55jähriger Bekanntschaft ken=
nen wir endlich genau unsere
Fehler u. Vorzüge, unsere zugäng=
lichen u. unzugänglichen Seiten,
unsere Denkverschiedenheiten u.
Reibungsflächen, u. so voll von
Liebe, Achtung u. Vertrauen un=
sere seit vielen, vielen Jahren
nie getrübte Freundschaft ist, so
gibt es doch hundert Dinge, die
jeder für sich behält, wie wir
es uns bei unserem 15¾ Jahre lang
getrennten Haushalte angewöhnt
haben. Schon lange glaubte ich an
ewigen Frieden, als im Juni
1913 etwas, was ich nicht für mich be=
halten konnte, plötzlich einen
ganz ernsten Streit entzündete.
Es war die Ankündigung der
bevorstehenden Gastroenteroto=
mie. M. Fr. war zuerst sprachlos
vor Entrüstung, konnte nicht glau=
ben, daß ich ihr so etwas wirklich
antun wolle, rief den Otto zu Hil=
fe, der bei der Konsultation der
Ärzte anwesend gewesen war,
u. als dieser sich auch gegen die
Operation aussprach, wurde sie
in allem Ernste heftig: „Ich muß