Haus, Anton von: Brief an Lucia von Fries-Skene. Pola, 12.11.1916 - 16.11.1916
rein glauben, daß du uns verlas=
sen willst.“ (Sie, meine liebe Freundin,
hätten vielleicht hinzugefügt: „Weil wir
dir fad geworden sind!“). Mehrere
Wochen später, als alles schon glücklich
vorüber war u. uns der Oberstabs=
arzt am Semmering besuchte, der
mich bewogen hatte, mich von Spezia=
listen untersuchen zu lassen u. dem
ich als meinem Lebensretter dank=
bar war, weigerte sie sich, ihm die
Hand zu geben, bevor ich nicht wie=
der ganz so gesund u. stark werde,
wie ich früher immer gewesen! -
Ihre besten Freundinnen in Wien sind sehr
alte Hofrätinnen, die sie bei meiner Schwester
kennen gelernt. Von den meisten kenne ich
nur die Namen (Boltzmann, Demelius, Lang,
Herrenritt, Wieser), oder einige Briefe, die
mich durch ihre besondere Innigkeit über=
raschten, indem sie in eine ganze Gefühls=
welt meiner Fr. blicken ließen, von der
ich sonst nichts wußte. Von 2 - 3 jüngeren
Frauen kenne ich nicht einmal die Namen,
weiß nur, daß sie liebe oder herzige
oder brave Kinder haben. Ihr Herz
öffnet sich schwer, außer Hilfsbedürfti=
gen, Einsamen, Bäuerinnen in Krain
u. Tirol. Marinefrauen gegenüber
schien sie besonders unnahbar, außer
sehr wenigen, die gute Kinder oder
Unglück mit Kindern hatten. Herren
scheinen ihr etwas ziemlich Überflüßi=
ges zu sein, außer es sind gute Freun=
de von mir, oder solche, die auf mich
„Acht geben“, wie z.B. jetzt Rodler, mit dem
sie geheim (?) korrespondiert, wie auch mit