Haus, Anton von: Brief an Lucia von Fries-Skene. Pola, 1.11.1916 - 4.11.1916
werden Sie mir genug lang u. ge=
nug oft auf Viribus sein können; im=
mer werde ich meine Hand nach noch
mehr Almosen ausstrecken, aber
das Gegebene karg zu finden, wäre
von mir der denkbar ärgste Undank.
Immer war mir der zuletzt erhal=
tene Brief der schönste von allen.
Aber die Sie mir diesmal sandten,
sind wirklich die allerschönsten, die
ich nicht satt werde, immer wiederzu=
lesen. Dabei liest Tom, mir über die
Schulter hineinschauend, mit, etwa
wie der gehörnte Wiederkäuer hin=
ter dem Evangelisten Lukas.
Einige male jauchzte der Wicht ent=
zückt auf. Am lautesten bei der Stelle:
"da ward es mir schwer um´s Herz."
"Also doch keine Fee! Und hat das Herz
her mitgebracht! Wie schade, daß sie es
nicht hier läßt!"- Ich gab ihm gleich eine
piece of my opinion, aber er murmelte
dann doch wieder etwas von "ganz, ganz
kleine, süße Melon." Bei der vorletzten
Seite stockte sein Atem ganz u. dann
bat er, ihm die Stelle noch einmal vor=
zulesen: "Verraten S. m. l. Fr. T. , daß
die wundervolle Blüte des Vertrauens
..... gl. g. aufgeblüht ist." Er machte ein
ganz verklärtes Gesicht u., um die Blü=
te besser zu sehen, die Augen zu, hob
voll Würde die Nase u. war stolz u. glück=
lich, als ob ihm die schönste u. höchste Auszeichnung,
die Himmel u. Erde zu vergeben haben, zuteil