Haus, Anton von: Brief an Lucia von Fries-Skene. Pola, 14.12.1916
Wenn ich Ihr Losungswort: Sincerity above all! so auffasse
wie Sie, sollte ich schweigen, wie Sie schweigen, über
hundert Dinge, um die ich frage. Ich fühle aber, daß ich den
Weg zur lieben Freundin zurück nicht finde, wenn
ich ihr nicht beichte, was für ein erbärmlicher Wicht ihr
Freund Tom ist.
Wie ein Kind, dem ein lang u. heiß ersehnter Wunsch, den
es fast schon für verwirklicht hält, plötzlich versagt wird,
weint u. tobt Tom in unsinniger Selbstpeinigung, taub
gegen alle vernünftigen Vorstellungen u. Tröstungen.
Ihre lieben Briefe bringen seine madness erst recht
zum Ausbruch. Alles Liebe, Innige, Gütige in Ihren Zei=
len ist ihm nur Tinte, u. er ist waterproof. „Worte“,
Worte, nichts als Worte! Tatsache ist nur, daß sie
nicht kommt, nicht kommen will, weil's ihr fad
ist! Tatsache ist, daß sie mich quält, o wie quält!
Freundlich klingt es ja, sie kann ja nicht unfreund=
lich sein. Aber ist diese Freundlichkeit nicht Hohn?
Am 12.ten schreibt sie doch, hoffentlich werden wir hier
als Entschädigung für sie einen baldigen Besuch
nach Pola vereinbaren. Und im nächsten Brief, noch am
selben 12.ten führt sie des Langen und Breiten aus,
daß es vielleicht in der zweiten Hälfte Jänner
möglich sein wird, vorausgesetzt, daß sie auf
Viribus willkommen sein wird! Willkommen?
Sie weiß es nicht. „Laßt uns die Gegenwart ge=
nießen!“ So recht weit auseinander! Kann ein
Hohn bitterer sei? „Und die Zukunft Gott über=
lassen!“ Ende Jänner! Wenn sie nicht will, wird